Der Virialsatz für Punktmassen
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Wir betrachten in einem Inertialsystem n Massenpunkte, die nur der
gegenseitigen Anziehung unterliegen. Die Orte der Massenpunkte
seien durch die Vektoren Ri, i=1,n beschrieben, die Massen seien
durch mi, i=1,n gegeben. Die Anziehungskraft Fij je zweier Massen
mi,mj sei umgekehrt proportional der k-ten Potenz ihres Abstandes
(k>1) und proportional ihrer Massen, mal einer Konstanten G:
┌───────────────────────────┐
│ mi∙mj │
│ Fij = G∙──────── , k > 1 │ (1)
│ k │
│ |Ri-Rj| │
└───────────────────────────┘ .
Im Falle k = 2 haben wir das Newtonsche Gravitationsgesetz als
Spezialfall, G ist dann die Newtonsche Gravitationskonstante. Die
Bewegungsgleichung des i-ten Massenpunktes lautet dann:
.. n mj∙(Ri-Rj)
mi∙Ri = -G∙mi∙ Σ (1-δij)∙──────────── , i = 1,n , (2)
j=1 k+1
|Ri-Rj|
mit δij als dem Kronecker-Symbol zum Weglassen der Terme mit i=j.
Da es sich um ein System handeln soll, auf welches keine äußeren
Kräfte wirken, müßte die Summe aller Beschleunigungskräfte gleich
Null sein:
n .. n n mi∙mj∙(Ri-Rj)
Σ mi∙Ri = -G∙ Σ Σ (1-δij)∙───────────── = 0 , (3)
i=1 i=1j=1 k+1
|Ri-Rj|
was tatsächlich der Fall ist, da die Doppelsumme offensichtlich
verschwindet. Es gilt also:
n ..
Σ mi∙Ri = 0 . (4)
i=1
Die Gesamtmasse des Systems bezeichnen wir mit M:
n
M = Σ mi . (5)
i=1
Der Schwerpunktvektor S wird definiert durch:
n
Σ mi∙Ri
i=1 n
S := ──────── bzw. S∙M = Σ mi∙Ri . (6)
M i=1
Leitet man (6) zweimal zeitlich ab, so folgt mit (4):
..
S ∙ M = 0 . (7)
Daraus wiederum folgt durch zeitliche Integration, daß die
Geschwindigkeit des Schwerpunktes und damit der Gesamtimpuls des
Systems konstant ist:
. n .
S∙M = Σ mi∙Ri = const. (8)
i=1
Die kinetische Energie To des Systems wird im Inertialsystem
beschrieben durch:
┌─────────────────────┐
│ n . 2 │
│ To := ½∙Σ mi∙(Ri) │ (9)
│ i=1 │
└─────────────────────┘ .
.
Betrachtet man die Geschwindigkeiten der Massenpunkte (Ri) nicht
im Inertialsystem sondern die Geschwindigkeiten relativ zum
Schwerpunkt S mittels des Relativvektors:
┌─────────────┐
│ . . . │
│ Di = Ri - S │ (10)
└─────────────┘ ,
so folgt für die kinetische Energie To im Inertialsystem:
n . . 2
To = ½∙Σ mi∙(Di + S)
i=1
n . 2 . . .2
= ½∙Σ mi∙(Di + 2∙Di∙S + S )
i=1
n . 2 . n . .2 n
= ½∙Σ mi∙Di + S∙Σ mi∙Di + ½∙S ∙Σ mi
i=1 i=1 i=1
. n . . .2 n
= T + S∙Σ mi∙(Ri - S) + ½∙S ∙Σ mi
i=1 i=1
. n . .2 n .2 n
= T + S∙Σ mi∙Ri - S ∙Σ mi + ½∙S ∙Σ mi
i=1 i=1 i=1
. . n .2 n .2 n
= T + S∙S∙Σ mi - S ∙Σ mi + ½∙S ∙Σ mi
i=1 i=1 i=1
.2
= T + ½∙S ∙M ,
┌────────────────┐
│ To = T + Ts │ (11)
└────────────────┘ ,
mit der auf den Schwerpunkt des Systems bezogenen kinetischen
Energie T und der kinetischen Energie Ts der Schwerpunktsmasse
bezogen auf das Inertialsystem:
┌─────────────────────────────────┐ ┌─────────────┐
│ n . 2 n . . 2 │ │ .2 │
│ T = ½∙Σ mi∙Di = ½∙Σ mi∙(Ri-S) │ │ Ts = ½∙M∙S │ (12)
│ i=1 i=1 │ │ │
└─────────────────────────────────┘ , └─────────────┘ .
Die kinetische Energie To des Systems im Inertialsystem ist also
gleich der Summe von T und Ts.
Betrachten wir die Kraft Fn, die auf die n-te Masse von den
restlichen n-1 Massenpunkten ausgeübt wird; es ist die vektorielle
Summe aller Kräfte zwischen den Einzelmassen mj, j=1,(n-1) und der
Masse mn:
n-1 mj∙Rnj
Fn = G∙mn∙ Σ ────────── mit Rnj := Rn - Rj . (13)
j=1 k+1
|Rnj|
Die Arbeit An, die zum Entfernen des n-ten Massenpunktes bis ins
Unendliche erforderlich ist, wird durch das Wegintegral über Fn
beschrieben. Das Integral ist wegunabhängig da wir es mit
Zentralkraftfeldern zu tun haben, die ja ein Potential besitzen.
Es ist die Summe der Wegintegrale über die Summanden unter dem
Summenzeichen:
∞ ∞
⌠ n-1 ⌠ d|Rnj'|
An = │ Fn∙dRnj' = G∙mn∙ Σ mj∙│ ─────── ,
⌡ j=1 ⌡ k
Rnj |Rnj| |Rnj'|
mn n-1 mj
An = G∙────∙ Σ ──────── . (14)
k-1 j=1 k-1
|Rnj|
Diese Arbeit entspricht der Potentialdifferenz Vn, die beim Weg
des Massenpunktes mn vom Ort rn bis ins Unendliche besteht.
Bewegt man nacheinander die jeweils verbliebenen Massenpunkte ins
Unendliche (für die letzte Masse m1 ist die Arbeit null), so ist
die gesamte aufzuwendende Arbeit zum Trennen aller Massenpunkte
gegeben durch die Summe:
A = An + An-1 + ∙∙∙ + A2 ,
G n i-1 mi∙mj
A = ───∙ Σ Σ ──────── ,
k-1 i=2 j=1 k-1
|Rij|
G n n mi∙mj
A = ───────∙ Σ Σ (1-δij)∙────────── . (15)
2∙(k-1) i=1 j=1 k-1
|Ri-Rj|
Damit ist die potentielle Energie V des gesamten Systems also:
┌─────────────────────────────────────────┐
│ G n n mi∙mj │
│ V := -───────∙ Σ Σ (1-δij)∙────────── │ (16)
│ 2∙(k-1) i=1 j=1 k-1 │
│ |Ri-Rj| │
└─────────────────────────────────────────┘ .
Betrachten wir nun das Trägheitsmoment Θ des Systems bezogen auf
den Schwerpunkt. Es ist per definitionem:
┌──────────────────────┐
│ n 2 │
│ Θ := Σ mi∙(Ri - S) │
│ i=1 │
└──────────────────────┘ ,
n 2 2
Θ = Σ mi∙(Ri -2∙Ri∙S + S ) . (17)
i=1
Zweimalige zeitliche Ableitung ergibt:
. n . . . .
Θ = Σ mi∙(2∙Ri∙Ri -2∙Ri∙S -2∙Ri∙S + 2∙S∙S) ,
i=1
..
und unter Beachtung, daß S = 0 :
.. n . 2 .. .. . . .2
Θ = Σ mi∙(2∙Ri +2∙Ri∙Ri -2∙Ri∙S -4∙Ri∙S +2∙S ) ,
i=1
..
Θ n . . 2 n ..
── = Σ mi∙(Ri - S) + Σ mi∙Ri∙(Ri - S) . (18)
2 i=1 i=1
Die erste Summe ist nach (12) gleich 2∙T, in die zweite Summe
setzt man (2) ein:
..
Θ n n mi∙mj∙(Ri-Rj)∙(Ri-S)
── = 2∙T - G∙ Σ Σ (1-δij)∙──────────────────── . (19)
2 i=1j=1 k+1
|Ri-Rj|
Durch Vertauschung der Indizes unter den Summenzeichen können wir
auch schreiben:
..
Θ n n mi∙mj∙(Rj-Ri)∙(Rj-S)
── = 2∙T - G∙ Σ Σ (1-δij)∙──────────────────── ,
2 i=1j=1 k+1
|Ri-Rj|
..
Θ n n mi∙mj∙(Ri-Rj)∙(S-Rj)
── = 2∙T - G∙ Σ Σ (1-δij)∙──────────────────── . (20)
2 i=1j=1 k+1
|Ri-Rj|
Da die Summenausdrücke in (19) und (20) gleich sind, addieren wir
sie und nehmen die Hälfte davon, wir können dann schreiben:
.. 2
Θ n n mi∙mj∙(Ri-Rj)
── = 2∙T - ½∙G∙ Σ Σ (1-δij)∙────────────── ,
2 i=1j=1 k+1
|Ri-Rj|
..
Θ n n mi∙mj
── = 2∙T - ½∙G∙ Σ Σ (1-δij)∙────────── ,
2 i=1j=1 k-1
|Ri-Rj|
und es zeigt sich nach (16), daß der zweite Term gleich dem
(k-1)-fachen der potentiellen Energie des Systems ist, wir
erhalten damit den Virialsatz:
┌────────────────────┐
│ .. │
│ Θ │
│ ── = 2∙T + (k-1)∙V │ (21)
│ 2 │
│ │
└────────────────────┘ .
Oft hat man den Fall, daß ein System sich im sog. "dynamischen
Gleichgewicht" befindet, d. h., im zeitlichen Mittel ist die
zweite Ableitung des Trägheitsmomentes gleich null. Dann kann man
den Virialsatz auch in die für Anwendungen wichtige Form
schreiben:
┌───────────────────┐
│ 2∙T + (k-1)∙V = 0 │ (22)
└───────────────────┘ ,
mit T und V sind nun die zeitlichen Mittelwerte von kinetischer
und potentieller Energie gemeint. Für den Fall des Newtonschen
Gravitationsfeldes ist k = 2. Dann gilt:
┌─────────────┐
│ 2∙T + V = 0 │ (23)
└─────────────┘ .
In einem abgeschlossenen System selbstgravitierender Massenpunkte
im dynamischen Gleichgewicht ist die Summe der doppelten (auf den
Schwerpunkt bezogen) kinetischen Energie und der potentiellen
Energie gleich null.