Altersbestimmung von Gestein mit U(238)
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Das Uranisotop U(238) zerfällt über eine Zerfallsreihe in das
stabile Bleiisotop Pb(206), so daß aus jedem Atom U(238)
schließlich ein Pb(206)-Atom wird. Da die mit Abstand längste in
der Uranzerfallsreihe vorkommende Halbwertszeit die des
Ausgangsisotops U(238) selbst ist, nämlich 4.5∙10^9 Jahre, ist
diese allein entscheidend für die Entstehungsrate von Pb(206).
Es gibt ein in der Natur nicht durch eine Zerfallsreihe
entstandenes Bleiisotop, nämlich Pb(204), das zwar instabil ist
mit einer Halbwertszeit von 1.4∙10^17 Jahren, und daher im
Vergleich zum Weltalter (≈10^10 Jahre) als stabil angesehen werden
kann. Gäbe es nicht die Entstehung von Pb(206) aus U(238), so
währe deshalb das Verhältnis Pb(206)/Pb(204) eine in fester
Materie praktisch unveränderliche Größe seit Entstehung der Welt.
Wir gehen nun davon aus, daß in der interstellaren Wolke, aus der
Sonne und Planeten entstanden sind, einerseits ein bestimmtes
Verhältnis von Pb0(206)/Pb0(204) und andererseits ein bestimmtes
Verhältnis von U0(238)/Pb0(204) vorhanden war. In einem relativen
kurzen Zeitraum haben sich dann Sonne und Planeten gebildet. Die
Planeten kühlten rasch ab und bildeten teilweise, wie zB. die
Erde, feste Krusten. Die seitdem verflossene Zeit verstehen wir
als das Alter der Erde. Ist die Halbwertszeit von U(238)
wesentlich größer als der Zeitraum, in dem sich aus der
interstellaren Wolke die Erde verfestigte, so können wir davon
ausgehen, daß die Verhältnisse Pb0(206)/Pb0(204) und
U0(238)/Pb0(204) beim Erstarren eingefroren wurden und sich nur
auf Grund des seitdem in Pb(206) zerfallenen U(238)-Anteiles
verändern konnten.
Betrachten wir die Pb- und U-Mengen in einer Probe (Nr.1). Das
Zerfallsgesetz zur Beschreibung des nach Zeit t noch vorhandenen
U1(238) bei ursprünglich vorhandenem U1o(238) ergibt mit
ß = ln(2)/T½, T½ = Halbwertzeit des U(238):
U1(238) = U1o(238)∙exp(-ß∙t) . (1)
Nach der Zeit t ist damit zu der in der Probe Nr.1 ursprünglich
vorhandenen Menge Pb1o(206) eine Menge δPb1(206) aus dem
zerfallenen U1o(238) hinzugekommen:
δPb1(206) = Pb1(206) - Pb1o(206)
= U1o(238) - U1(238) , mit (1):
δPb1(206) = U1(238)∙(exp(ß∙t) - 1) . (2)
Wir dividieren durch die in der Probe vorhandene Menge
Pb1o(204) ≡ Pb1(204) und erhalten:
Pb1(206) - Pb1o(206) U1(238)
──────────────────── = ──────── ∙ (exp(ß∙t) - 1) , (3)
Pb1(204) Pb1(204)
Pb1(206) Pb1o(206) U1(238)
──────── - ───────── = ──────── ∙ (exp(ß∙t) - 1) . (4)
Pb1(204) Pb1(204) Pb1(204)
Eine (4) entsprechende Gleichung erhalten wir für eine zweite
Probe (Nr.2), die eine anderes Verhältnis U/Pb aufweisen muß:
Pb2(206) Pb2o(206) U2(238)
──────── - ───────── = ──────── ∙ (exp(ß∙t) - 1) . (5)
Pb2(204) Pb2(204) Pb2(204)
Mit der Voraussetzung, daß beide Proben sich gleichzeitig ver
festigt haben, gilt aber:
Pb1o(206) Pb2o(206)
───────── = ───────── , (6)
Pb1(204) Pb2(204)
und daher ergibt die Differenz der Gleichungen (4) und (5):
┌ ┐
Pb1(206) Pb2(206) │ U1(238) U2(238) │
──────── - ──────── = │ ──────── - ──────── │∙(exp(ß∙t) - 1) .
Pb1(204) Pb2(204) │ Pb1(204) Pb2(204) │
└ ┘ (7)
In der Gleichung (7) sind alle Quotienten aus den zwei Proben
bestimmbar. Die Gleichung läßt sich nach t auflösen. Man erhält
mit
Pb1(206) Pb2(206)
──────── - ──────── ┌ ┐
Pb1(204) Pb2(204) │ a - b │
K = ───────────────────── │ = ─────── │ (8)
U1(238) U2(238) │ c - d │
──────── - ──────── └ ┘
Pb1(204) Pb2(204)
┌───────────────────────┐
│ T½ │
│ t = ─────∙ln(1+K) . │ (9)
│ ln(2) │
└───────────────────────┘
Übrigens tut man gut daran, durch Untersuchung mehrerer Proben zu
überprüfen, ob die Hypothese des gleichzeitigen Erstarrens
gerechtfertigt ist.
Fehlerbetrachtungen:
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Wir gehen dazu von Gleichung 8) aus, in der wir zur Abkürzung für
die Isotopenverhältnisse a, b, c und d einführen.
Wir wollen uns hier auf den einfachen aber plausiblen Fall
beschränken, daß die mittleren Meßfehler aller Verhältnisse
statistisch unabhängig und gleich groß sind:
σ(a) = σ(b) = σ(c) = σ(d) = σ(V). Wir wollen die Verhältnisse
durch die ursprünglichen Verhältnisse U1o(238)/Pb1(204) und
U2o(238)/Pb2(204) und das Alter t ausdrücken. Es folgt:
Pb1(206) = Pb1o(206) + δPb1(206)
= Pb1o(206) + U1o(238) - U1(238)
= Pb1o(206) + U1o(238) - U1o(238)∙exp(-ß∙t)
= Pb1o(206) + U1o(238)∙(1-exp(-ß∙t)) ,
so daß man nach Division mit Pb1(204) erhält:
Pb1(206) Pb1o(206) U1o(238)
───────── = ───────── + ────────∙(1-exp(-ß∙t)) . (10)
Pb1(204) Pb1(204) Pb1(204)
Analog erhält man für die Probe Nr.2 :
Pb2(206) Pb2o(206) U2o(238)
───────── = ───────── + ────────∙(1-exp(-ß∙t)) . (11)
Pb2(204) Pb2(204) Pb2(204)
Unter Beachtung von (6) bilden wir die Differenz von (10) und (11)
und erhalten so für a - b:
┌ ┐
│U1o(238) U2o(238)│
a - b = │──────── - ────────│∙(1-exp(-ß∙t)) . (12)
│Pb1(204) Pb2(204)│
└ ┘
Die Differenz c - d läßt sich umformen zu:
┌ ┐
│U1o(238) U2o(238)│
c - d = │──────── - ────────│∙exp(-ß∙t) , (13)
│Pb1(204) Pb2(204)│
└ ┘
und mit der Abkürzung:
┌ ┐
│U1o(238) U2o(238)│
Vo = │──────── - ────────│ : (14)
│Pb1(204) Pb2(204)│
└ ┘
c - d = Vo∙exp(-ß∙t), (15)
so daß wir für K erhalten:
a - b 1-exp(-ß∙t)
K = ─────── = ───────────── = exp(ß∙t) - 1 . (16)
c - d exp(-ß∙t)
Der mittlere Fehler von K ergibt sich nach dem
Fehlerfortpflanzungsgesetz zu:
┌ ┐½
σK = │(dK/da∙σa)²+(dK/db∙σb)²+(dK/dc∙σc)²+(dK/dd∙σd)²│
└ ┘
┌ ┐½
│ 1 + K²│
└ ┘
= √2∙σ(V)∙───────── ,
│ c - d │
┌ ┐½
│2 - 2∙exp(ß∙t) + exp(2∙ß∙t)│
σ(V) └ ┘
σK = √2∙────∙──────────────────────────────── . (17)
│Vo│ exp(-ß∙t)
Da aus (9) folgt:
σK σt σK
σt = ─────────────── , ──── = ────────────── , (18)
(1+K)∙ln(1+K) t ß∙t∙exp(ß∙t)
so erhalten wir mit (17):
┌ ┐½
│2 - 2∙exp(ß∙t) + exp(2∙ß∙t)│
σt σ(V) └ ┘
──── = √2∙────∙──────────────────────────────── . (19)
t │Vo│ ß∙t
Das Minimum von σt/t wird bestimmt: setzen wir u = ß∙t. Das
Minimum ist gleich dem des Terms:
2 - 2∙exp(u) + exp(2∙u)
y = ───────────────────────── , u > 0 .
u²
Mit u = ln(1+x), x > 0 folgt:
2 - 2∙(1+x) + (1+x)² 1 + x²
y = ────────────────────── = ──────── .
ln²(1+x) ln²(1+x)
Die Ableitung nach x lautet:
2∙x∙ln(1+x) -2∙(1+x²)/(1+x)
y'= ───────────────────────────── ,
ln(1+x)∙ln²(1+x)
und daher gibt die Lösung der Gleichung:
1+x²
x∙ln(1+x) - ───── = 0
1+x
das gesuchte Minimum von (19). Leider ist keine analytische
Lösung bekannt, die numerische lautet:
x = exp(ß∙t) - 1 = 1.409507770 , so daß
tmin = T½∙1.268738453 bzw. (ß∙t)min = 0.8794224818.
┌───────────────────────────────┐
│ ┌ ┐ │
│ │σt│ σ(V) │
│ │──│ = ────∙2.779163635 │ (20)
│ │ t│ │Vo│ │
│ └ ┘min │
└───────────────────────────────┘