Die Länge der logarithmischen Spirale
                    ▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀

      In Polarkoordinaten R,Φ lautet die Gleichung der logarithmischen
      Spirale:

                     tg(i)∙Φ
          R(Φ) = Ro∙e         mit Ro > 0  und  |i| < π/2 ,           (1)

      dabei ist i der Steigungswinkel der Spirale und Ro der Radius beim
      Winkel Φ = 0.  Ist i > 0, so nimmt der Radius mit wachsendem Φ
      exponentiell zu, ist i < 0, so nimmt der Radius exponentiell ab
      und konvergiert gegen null für Φ --> +∞.

      Ich habe mich nun gefragt, ob die Länge der Spirale, ausgehend von
      (R,Φ) = (Ro,0), bei negativem Steigungswinkel i für Φ --> +∞
      endlich ist.

      Allgemein ist die Länge einer Kurve R = R(Φ) im Winkelbereich von
      Φ1 bis Φ2 gegeben durch:

              Φ2
              ⌠ ┌                  ┐½
          L = │ │ R²(Φ) + (dR/dΦ)² │ ∙dΦ   .                         (2)
              ⌡ └                  ┘
              Φ1

      Die Ableitung von (1) lautet:

                                         tg(i)∙Φ
          dR/dΦ = tg(i)∙R(Φ) = Ro∙tg(i)∙e         .                  (3)

      Setzen wir die Funktion der logarithmischen Spirale (1) und ihre
      Ableitung (3) in (2) zur Bestimmung der Länge ein, so folgt mit
      der Bedingung π/2 > |i| > 0:

              Φ2
              ⌠ ┌                ┐½
          L = │ │ R² + R²∙tg²(i) │ ∙dΦ
              ⌡ └                ┘
              Φ1

              Φ2
              ⌠   ┌            ┐½
            = │ R∙│ 1 + tg²(i) │ ∙dΦ
              ⌡   └            ┘
              Φ1

                                  Φ2
                 ┌            ┐½  ⌠  tg(i)∙Φ
            = Ro∙│ 1 + tg²(i) │ ∙ │ e       ∙dΦ
                 └            ┘   ⌡
                                  Φ1

                 ┌            ┐½ ┌   1    tg(i)∙Φ ┐Φ2
            = Ro∙│ 1 + tg²(i) │ ∙│ ─────∙e        │
                 └            ┘  └ tg(i)          ┘Φ1

                 ┌            ┐½
                 │ 1 + tg²(i) │
                 └            ┘   ┌  tg(i)∙Φ2    tg(i)∙Φ1 ┐
            = Ro∙────────────── ∙ │ e         - e         │   ,
                      tg(i)       └                       ┘

          ┌────────────────────────────────────────┐
          │       Ro     ┌  tg(i)∙Φ2    tg(i)∙Φ1 ┐ │
          │ L = ────── ∙ │ e         - e         │ │                 (4)
          │     sin(i)   └                       ┘ │
          └────────────────────────────────────────┘   .

      Betrachten wir die Spirale von der Stelle Φ1 = 0 aus bis zu einem
      allgemeinen Winkel Φ2 ≡ Φ , so folgt:

          ┌──────────────────────────────────┐
          │          Ro     ┌  tg(i)∙Φ     ┐ │
          │ L(Φ) = ────── ∙ │ e        - 1 │ │                       (5)
          │        sin(i)   └              ┘ │
          └──────────────────────────────────┘   .

      Wir unterscheiden drei Fälle:

                  π
      1)  0 < i < ─:
                  2

          In diesem Fall strebt also die Länge mit Φ --> +∞ nahezu
          exponentiell gegen unendlich.

      2)  i = 0:

          Diesen Fall hatten wir ausgeschlossen, es handelt sich dann
          nämlich um den Grenzfall des Kreises, da der Radius konstant
          gleich Ro ist.  Dieser Fall läßt sich über die Integration (3)
          nur dann beantworten, wenn man in (1)  sogleich tg(0) = 0
          einsetzt und damit die konstante Funktion R(Φ) = Ro benutzt.
          Als Ergebnis erhält man dann - wie zu erwarten - die
          Bogenlänge des Kreises  mit Radius Ro:

          L(Φ) = Ro∙Φ   .                                            (6)

          -π
      3)  ── < i < 0:
           2

          In diesem uns besonders interessierenden Fall geht die
          e-Funktion wegen des negativen Koeffizienten mit wachsendem Φ
          gegen null, so daß (5) für Φ --> +∞ gegen den folgenden
          Ausdruck konvergiert:

          ┌────────────────┐
          │          -Ro   │
          │ L(+∞) = ────── │
          │         sin(i) │
          │                │                                         (7)
          │     -π         │
          │ für ── < i < 0 │
          │      2         │
          └────────────────┘    .

      Wir können auch sagen: Ausgehend vom Zentrum ist die Länge L der
      Spirale als Funktion des Radius R gegeben durch:

          ┌─────────────────┐
          │            R    │
          │ L(R) = ──────── │
          │        sin(|i|) │
          │                 │                                        (8)
          │               π │
          │ für 0 < |i| < ─ │
          │               2 │
          └─────────────────┘   ,

      die Länge ist also proportional zum Abstand vom Zentrum.

      Damit ist auch die Antwort auf die oben gestellte Frage nach der
      Länge der logarithmischen Spirale mit negativem Steigungswinkel i,
      ausgehend von Radius R = Ro und Winkel Φ = 0, gegeben:  Die Länge
      ist endlich und kann nach Formel (7) bzw.  (8) berechnet werden!

      Nachträglich habe ich entdeckt, daß die entsprechende Formel für
      die Länge auch z. B.  im Bronstein-Semendjajew zu finden ist
      (statt i wird dort der Winkel α = π/2 - i verwendet), sie stimmt
      natürlich mit meiner überein.